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Linktipp: Kampf gegen Interessenkonflikte

MEZIS (Mein Essen zahl' ich selbst) ist eine Initiative unbestechlicher Ärztinnen und Ärzte, die sich gegen die Beeinflussungen der Pharmaindustrie zur Wehr setzt. Der Verein ist derzeit an zwei spannenden Projekten beteiligt, die sich mit dem Thema Interessenkonflikte beschäftigen:

Interessenkonflikte sind besonders bei der Fortbildung ein wesentlicher Risikofaktor für verzerrte Informationen. Umso ärgerlicher, dass die zuständigen Kammern (sowohl für Ärzte als auch für Apotheker) immer noch Firmenveranstaltungen mit Fortbildungspunkten "adeln", bei denen man definitiv keine unabhängige Darstellung erwarten kann. Über den MEZIS-Melder 2.0 ist es möglich, die Ärztekammern direkt auf solche problematischen Konstellationen hinzuweisen.

Auch bei Leitlinien sind Interessenkonflikte problematisch. Bisherige Maßnahmen zur Regulierung von Interessenkonflikten reichen nicht aus. Deshalb hat MEZIS gemeinsam mit NeurologyFirst und Transparency International Deutschland das Portal LeitlinienWatch gegründet. Nach vorher definierten Kriterien werden aktuelle Leitlinien unter die Lupe genommen:
  • Transparenz/Angaben zu Interessenkonflikten
  • Zusammensetzung der Leitlinien-Gruppe
  • Unabhängigkeit der Verantwortlichen (Koordinatoren / Vorsitzenden / federführenden Autoren)
  • Enthaltung bei Abstimmungen bei Interessenkonflikten
  • Externe Beratung der Leitlinie
Für jedes Kriterium werden 0 bis 3 Punkte vergeben, außerdem sind Bonuspunkte möglich für weitere Maßnahmen, die den Einfluss von Interessenkonflikten reduzieren sollen. Dazu gehören zum Beispiel die Aufbereitung der Evidenz aus Studien durch unabhängige Methodiker oder eine plurale Zusammensetzung der Leitliniengruppe, inklusive Patientenvertreter. Insgesamt kann eine Leitlinie so maximal 18 Punkte bekommen. Ab 11 Punkten wird das Prädikat "Gut! Unabhängige Leitlinie mit ordentlich regulierten Interessenkonflikten!" vergeben.

Bis heute sind 83 deutschsprachige Leitlinien bewertet. Davon haben allerdings nur 9 die höchste Qualitätsstufe im Hinblick auf die Regulierung von Interessenkonflikte erhalten. Besonders interessant: Die Entwicklungsstufe der Leitlinie ist kein sicherer Prädiktor für einen guten Umgang mit Interessenkonflikten: Unter den mit dem besten Prädikat versehenen Leitlinien sind zwar sechs S3-Leitlinien, aber auch drei S1-Leitlinien. Und bei mehr als jeder dritte Leitlinie mit bescheinigtem Reformbedarf handelt es sich um eine S3-Leitlinie, darunter auch einige Nationale Versorgungsleitlinien. Es bleibt also viel zu tun.